AK OÖ und CLEANVEST analysieren echte Nachhaltigkeit von Fonds
In Österreich haben Anleger aktuell die Wahl zwischen 215 nachhaltigen Investmentfonds. Dabei bezieht sich „nachhaltig“ auf die EU-Definition für nachhaltige Finanzprodukte. Die EU-Offenlegungsverordnung klassifiziert Finanzprodukte, die soziale und/oder ökologische Merkmale bewerben, als „Artikel 8“ (hellgrüne Fonds) und Finanzprodukte, die nachhaltige Investitionen anstreben, als „Artikel 9“ (dunkelgrüne Fonds). Alle anderen Fonds fallen unter „Artikel 6“ (graue Fonds).
Nachhaltige Rüstungsfonds
Auf Basis dieser Definition könnte sich grundsätzlich jeder Investmentfonds – auch solche mit Fokus auf Rüstung und fossile Rohstoffe – mit dem Attribut „Artikel 8“ schmücken. Der Fondsmanager müsste nur zum Beispiel 10 % der Managementgebühren an soziale Projekte spenden und schon könnte er seinen Fonds rechtmäßig als nachhaltig im Sinne der EU bewerben. Ähnlich schwach sind die Kriterien für dunkelgrüne Fonds. Bereits 1 % Taxonomie-konforme Investitionen machen diese Fonds gemäß EU-Definition nachhaltig. Die EU-Wertpapieraufsicht ESMA tritt diesem Mangel neuerdings mit speziellen Leitlinien entgegen.
Zu Recht hagelt es Kritik an der zahnlosen EU-Klassifizierung. Echte Beiträge zu den ESG-Zielen lassen „Artikel 8/9“-Fonds oft vermissen. Trotz gesetzeskonformer Auslegung steht latent der Verdacht des Greenwashings im Raum. Nachhaltig orientierte Anleger müssen genau hinschauen, wenn sie wirksam nachhaltig investieren wollen.
Nachhaltige Fonds am Prüfstand
Die Arbeiterkammer Oberösterreich ist gemeinsam mit CLEANVEST, der Vergleichsplattform für nachhaltige Investmentfonds, der Frage nachgegangen, wie nachhaltig die 215 in Österreich angebotenen „grünen“ Fonds wirklich sind. Basis für die Bewertung sind 23 Nachhaltigkeitskriterien mit 122 thematischen Unterkriterien.
Die Analyse zeigt, dass sich die Anzahl der „Artikel 9“-Fonds – also der vermeintlich höherwertigeren dunkelgrünen Fonds – von ohnehin nur zehn im Jahr 2022 auf aktuell sechs Fonds reduziert hat. Die Studienautoren vermuten, dass dunkelgrüne Fonds auf hellgrüne Fonds heruntergestuft wurden. Umgekehrt haben sich auch einige Fonds getraut, ihre Anlagerichtlinien nachzuschärfen und sind von grauen Fonds zumindest zu hellgrünen Fonds geworden.
Alle Top-Fonds mit Umweltzeichen
Den ersten Platz im Ranking teilen sich mehrere Fonds. Der Aktienfonds ERSTE WWF Stock Environment ist zum zweiten Mal in Folge der nachhaltigste Fonds Österreichs. Er teilt er sich den ersten Platz mit vier nachhaltigen Anleihefonds, nämlich IQAM SRI SparTrust M, Schoellerbank Vorsorgefonds, ERSTE Bond Euro Mündelrent und AustroMündelRent.
Alle diese top-platzierten Fonds sind mit dem österreichischen Umweltzeichen für nachhaltige Finanzprodukte ausgezeichnet. Das bedeutet, dass sie deutlich strengere Nachhaltigkeitskriterien erfüllen als nur die laschen EU-Kriterien.
Als Spezialist für Sustainable Finance und Certified Sustainability Management Expert bin ich auch Prüfer für das österreichische Umweltzeichen für nachhaltige Finanzprodukte. Sie interessieren sich für die Auszeichnung eines Ihrer Finanzprodukte mit dem österreichischen Umweltzeichen? Dann stehe ich sehr gerne für ein unverbindliches Erstgespräch zur Verfügung! Schreiben Sie mir gleich eine Nachricht!
Forderung nach Transparenz und Klarheit
Im Sinne bewusster Anlageentscheidungen fordern die Studienautoren dringend transparente Regeln dafür, welche Finanzprodukte als nachhaltig bezeichnet und beworben werden dürfen. Auch soll es verbindliche Kriterien und Kontrollen geben.
Es brauche EU-weit klare, rechtlich bindende Vorgaben für ökologische und soziale Kriterien. Nur unter deren Einhaltung sollten sich Fonds als nachhaltig deklarieren dürfen. Zusätzlich sollte zum Schutz von Anlegern eine Prüfung durch die jeweils zuständige Finanzmarktaufsicht verpflichtend eingeführt werden, bevor ein Fonds als nachhaltig deklariert werden darf.
Dieser Beitrag ist erstmals im Börsen-Kurier Nr. 3 vom 16. Januar 2025 erschienen.