Der CO2-Fußabdruck täuscht Erfolge vor
Dass ein CO2-Fußabdruck klimapositive Erfolge vortäuscht, zeigt sich beispielsweise an Österreichs Treibhausgas-Bilanz 2023. Gemäß den vorläufigen Zahlen sind Österreichs Schadstoff-Emissionen um 5,3 Prozent gegenüber 2022 gesunken (Quelle: Umweltbundesamt). Für Politiker ein Grund zum Jubeln. Für das Klima nicht.
Einer der Gründe, warum Österreichs CO2-Emissionen gesunken sind, ist der Wegfall des so genannten Tank-Tourismus. Viele Jahre lang haben Teilnehmer am Transitverkehr durch Österreich, insbesondere Frächter bzw. LKWs, bei uns getankt, weil der Treibstoff in Österreich günstiger war als in unseren Nachbarstaaten. Frächter tankten also lieber in Kufstein als in Kiefersfelden.
Klimatechnischer Haken daran: Für den gesamten in Kufstein getankten – aber mehrheitlich im Ausland verbrannten – Diesel wurden Österreich die an der Tankfüllung bemessenen CO2-Emissionen angerechnet. Budgettechnischer Vorteil: Österreich lukrierte jedes Jahr zusätzliche Milliarden an Mineralölsteuer.
Mit dem billigeren Sprit war es 2023 aber vorbei, die Preissituation drehte sich um. Frächter tankten wieder vermehrt im Ausland, wodurch sich Österreich viel weniger klimaschädliche CO2-Emissionen anrechnen lassen musste – und schon glänzt die österreichische Klimabilanz mit reduziertem CO2-Ausstoß.
Kein Nutzen für das globale Klima
Politiker aller Couleur klopfen sich stolz auf die Schulter, lügen sich dabei aber in die eigene (und unsere) Tasche. Wie viel CO2 bzw. fossiler Treibstoff wurden tatsächlich eingespart? Kein Gramm und kein Liter. Die in Österreich „eingesparten“ CO2-Emissionen stehen nun in den Klimabilanzen unserer Nachbarländer. Zum Beispiel in jener von Deutschland, wenn Frächter wieder in Kiefersfelden statt in Kufstein tanken.
So täuscht die isolierte Betrachtung des CO2-Fußabdruckes (bewusst oder unbewusst) Erfolge vor, die de facto nicht erreicht werden. Das Konzept des CO2-Fußabdrucks birgt die Gefahr, den Blick auf das große Ganze sträflich zu vernachlässigen. Der Klimawandel stoppt nun einmal nicht an der Grenze. CO2-Emissionen ausschließlich innerhalb von Staatsgrenzen – oder eingeschränkt auf die eigenen, höchstpersönlichen Lebensumstände – zu betrachten, greift für den globalen Klimaschutz viel zu kurz.
Ganz abgesehen davon, dass der CO2-Fußabdruck kein gesellschaftliches Engagement und keine Aspekte der guten Unternehmensführung kennt. Für eine ganzheitliche Betrachtung von nachhaltiger Verantwortung taugt er daher grundsätzlich nicht.
CO2-Handabdruck: Das (klima-)wirksamere Modell
Der persönliche CO2-Fußabdruck berechnet die negativen ökologischen Folgen von klimaschädlichen Handlungen. Im Gegensatz dazu stehen beim CO2-Handabdruck die positiven Auswirkungen von klimafreundlichen Aktivitäten im Mittelpunkt.
Während der persönliche CO2-Fußabdruck ernüchternd und frustrierend sein kann, steht im Fokus des CO2-Handabdrucks motivierendes und klimapositives Verhalten. Wir können auch sagen: Der Fußabdruck zeigt uns, was wir Böses tun, der Handabdruck zeigt hingegen, worauf wir stolz sein können.
Der CO2-Handabdruck wurde ursprünglich im Jahr 2007 vom Centre for Environment Education CEE in Indien entwickelt. Er beschreibt die klimafreundlichen Aktivitäten einer Person, die nicht nur die eigenen, schädlichen Umweltfolgen reduziert, sondern sich gleichzeitig aktiv darum bemüht, auch die Umweltschäden weiterer Personen aus dem persönlichen Umfeld zu verringern.
Der Beitrag wurde am 29.03.2024 mit den vorläufigen Daten zu Österreichs Treibhausgas-Bilanz 2023 aktualisiert.
Lesen Sie mehr im 3. Teil von „Vom CO2-Fußabdruck zum CO2-Handabdruck“