
Begünstigte gelten als potentieller Geldwäsche-Risikofaktor
Lebensversicherungen erfreuen sich in Österreich großer Beliebtheit. In ihrer Konsumerhebung 2019/20 erhob die Statistik Austria, dass in 41 von 100 Haushalten mindestens eine Person über eine Lebensversicherung verfügt. Bei etwa 4,1 Mio. Haushalten entspricht das fast 1,7 Mio. Policen. Laut Versicherungsstatistik der Finanzmarktaufsicht summierte sich das Prämienvolumen 2023 auf etwa € 5 Mrd.
Nach einer Änderung des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes FM-GwG Mitte Dezember 2024 sind Begünstigte eines Lebensversicherungsvertrages (im Er- und Ablebensfall) neuerdings ein mögliches Anzeichen für potenziell erhöhtes Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiko. Sie werden in Anlage III des FM-GwG in einem Atemzug mit beispielsweise Kunden aus Drittländern mit signifikant stark ausgeprägter Korruption genannt.
Auslöser FATF-Länderprüfung
Die internationale Anti-Geldwäsche-Institution Financial Action Task Force FATF prüft derzeit erneut das österreichische System zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. „Die FATF hat anlässlich ihrer Länderprüfung Österreichs 2016 einige Defizite aufgezeigt, die es nun im Hinblick auf die nächste Länderprüfung ab Herbst 2024 zu beseitigen gilt.“, ist in den Erläuterungen zum neuen Gesetzestext zu lesen. Warum diese acht Jahre lang nicht erfolgt ist, bleibt unerwähnt. Umso hektischer wurden die Änderungen Mitte Dezember spät, aber doch um- und unmittelbar in Kraft gesetzt.
FATF Empfehlung Nr. 10
Einer der 2016 festgestellten Mängel bezieht sich auf die FATF-Empfehlung Nr. 10 „Sorgfaltspflicht gegenüber Kunden“. Diese verlangt von Versicherungen, dass sie – zusätzlich zum Kunden (Versicherungsnehmer) und gegebenenfalls den wirtschaftlichen Eigentümern – den Begünstigten als relevanten Risikofaktor berücksichtigen. So explizit stand das bis dato nicht in den Anlagen zum FM-GwG. Also wurde dies nun nachgeholt. Und zwar nicht nur als Pflicht für Versicherungen, sondern auch für Banken, Wertpapierfirmen und Krypto-Dienstleister.

Wer also ein Konto, einen Krypto-Account oder ein Wertpapierdepot eröffnen möchte, wird jetzt im Rahmen der Erhebung der Kundendaten auch gefragt, ob er oder sie Begünstigte einer Lebensversicherung (im Er- und/oder Ablebensfall) ist. Dass umgekehrt Personen, die eine Lebensversicherung abschließen möchten, gefragt werden, ob sie ein Konto, einen Krypto-Account oder ein Wertpapierdepot haben, ist nicht vorgesehen.
Welches potentielle Risiko?
Gegenüber Begünstigten müssen Versicherungen schon seit geraumer Zeit umfangreiche Sorgfaltspflichten anwenden. In der Regel sind Begünstigte im Erlebensfall gleichzeitig die Versicherungsnehmer, die vor Abschluss von der Versicherung identifiziert werden. Die Mittelherkunft wird plausibilisiert und eventuell nachgewiesen (etwa bei politisch exponierten Personen). Begünstige im Ablebensfall müssen spätestens zum Zeitpunkt der Auszahlung identifiziert werden. Kann die Versicherung ihre Sorgfaltspflichten nicht erfüllen, darf sie keine Geschäftsbeziehung begründen bzw. Auszahlung vornehmen und muss die Abgabe einer Verdachtsmeldung an die Geldwäschemeldestelle erwägen.
Welches potentiell erhöhte Risiko für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung neuerdings speziell von Begünstigen einer Lebensversicherung ausgehen könnte, müssen Banken, Wertpapierfirmen und Krypto-Dienstleister im Zuge ihrer kundenbezogenen Risikoanalyse herausfinden – denn FATF und FM-GwG schweigen sich darüber aus.
Dieser Beitrag ist erstmal im Börsen-Kurier Nr. 8 vom 20. Februar 2025 erschienen.
