EU-Aufsichtsbehörden für simple Klassifizierung von „grünen“ Finanzprodukten
Seit März 2021 soll die EU-Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation SFDR) dazu beitragen, Nachhaltigkeitsmerkmale von „grünen“ Finanzprodukten transparent darzustellen. Im Herbst 2023 startete die EU-Kommission eine Konsultation der SFDR, um deren Nutzen für Anleger zu überprüfen. Die europäischen Aufsichtsbehörden für Banken, Versicherungen sowie Markt und Wertpapiere (gemeinsam kurz ESAs) haben dazu im Juni 2024 eine gemeinsame Stellungnahme veröffentlicht.
Die ESAs räumen ein, was Finanzmarktteilnehmer und Anleger in der Praxis bereits festgestellt haben, dass nämlich der gesetzliche Rahmen verbessert werden könnte. Die Offenlegungen sind für Investoren komplex und schwer zu verstehen, insbesondere für Kleinanleger. Verbrauchertests und Rückmeldungen von Verbraucherverbänden zeigen, dass es Anlegern auf Basis der SFDR-Informationen schwerfällt zu verstehen, wie nachhaltig Finanzprodukte sind.
In ihrer Stellungnahme schlagen die Aufsichtsbehörden die Einführung eines einfachen Kategorisierungssystems oder eines simplen Nachhaltigkeitsindikators für Finanzprodukte vor. Vereinfachte Offenlegungen sollen es Kleinanlegern ermöglichen, das Nachhaltigkeitsprofil eines Finanzprodukts besser zu verstehen und sich im breiten Spektrum nachhaltiger Produkte besser orientieren zu können.
Die Kategorien sollten aus Sicht der ESAs einfach sein und klare objektive Kriterien oder Schwellenwerte enthalten, anhand derer Anleger feststellen können, in welche „grüne“ Kategorie das Anlageprodukt fällt. Ein simpler Indikator, ähnlich dem Nutri-Score für Lebensmittel, könnte sich auf die ökologische Nachhaltigkeit, die soziale Nachhaltigkeit oder beides beziehen und diese nachhaltigen Merkmale eines Finanzprodukts in einer bunten Skala veranschaulichen.
Der Nutri-Score ist eine vereinfachte Darstellung von Nährwertangaben auf Lebensmittelverpackungen. Er wird derzeit in einigen wenigen EU-Staaten (Frankreich, Belgien, Deutschland, Luxemburg, Niederlande und Spanien) verwendet. Der Nutri-Score für Lebensmittel ist allerdings dermaßen vereinfacht, dass viele Lebensmittelproduzenten an ihm laute Kritik üben.
Ein Nutri-Score für Anlageprodukte könnte laut den ESAs komplexe Informationen zur Nachhaltigkeit in einem Format vereinfachen, das für Anleger besser verständlich ist. Ähnlich einfache Indikatoren finden Verbraucher heute bereits mit dem synthetischen Risikoindikator in den „Beipackzetteln“ von Anlageprodukten, oder dem Energieverbrauch im Energieausweis eines Gebäudes.
Die Bewertungsskala könnte auf Buchstaben und Farben basieren, wie eben auch beim Nutri-Score für Lebensmittel. Buchstaben und Farben würden die Kategorie widerspiegeln, zu der ein Finanzprodukt gehört.
So könnten beispielsweise die klima- und umweltschädlichsten Produkte durch rote Farbe gekennzeichnet werden, während grüne (für Umweltthemen) und blaue Farben (für soziale Themen) die nachhaltigsten Produkte anzeigen könnten. Zur feineren Abstufung könnten verschiedene Schattierungen derselben Farbe dienen.
Um sicherzustellen, dass es sich um einen vertrauenswürdigen Indikator für Investoren handelt, sollte sich das Klassifizierungssystem auf klare und objektive Kriterien stützen. Dafür bieten sich laut den ESAs unter anderem die EU-Taxonomie, die Dekarbonisierungsziele oder die Treibhausgasintensität der im Finanzprodukt getätigten Investments an.
Dieser Beitrag ist erstmal im Börsen-Kurier Nr. 30-31 vom 25. Juli 2024 erschienen.