Wann gilt FM-GwG, wann die GewO?
Zahlreiche Finanzberater vermitteln sowohl Wertpapiere (Finanzinstrumente) als auch Lebensversicherungen. Dabei ist in der Praxis zu unterscheiden, wann das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz FM-GwG gilt, und in welchen Fällen die Geldwäsche-Bestimmungen der Gewerbeordnung GewO anzuwenden sind. Die Unterscheidung ist im Detail durchaus herausfordernd. Aber essentiell, um gesetzeskonform zu agieren.
Der Wortlaut des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes FM-GwG und der Bestimmungen zur Geldwäsche-Prävention in der Gewerbeordnung GewO ist über weite Strecken identisch. Beide basieren auf den EU-Geldwäsche-Richtlinien, Unterschiede gibt es, abgesehen von den unterschiedlichen Verpflichteten, eher nur im Detail.
FM-GwG für Wertpapier-Vermittler
Beim Vermitteln von Wertpapieren handeln Finanzberater in Form von Vertraglich gebundenen Vermittlern VgV oder Wertpapiervermittlern WPV als Erfüllungsgehilfen eines Wertpapierunternehmens. Dieses unterliegt als Finanzinstitut dem FM-GwG. Erfüllungsgehilfen werden aus Sicht des Gesetzes als eine Einheit mit dem Wertpapierunternehmen gesehen, Finanzberater sind im Wertpapiergeschäft also indirekt vom FM-GwG umfasst. Dies ist einer der Gründe, warum VgV und WPV an laufenden Geldwäsche-Schulungen der Haftungsdächer (als WPV durchaus auch doppelt und dreifach) teilnehmen müssen.
Geldwäsche ist kein Kavaliersdelikt
Geldwäsche-Prävention für Gewerbetreibende – Leitfaden für die praxisnahe Umsetzung,
Wenn Wertpapiervermittler beim Kunden KYC-Informationen einholen, den (potentiellen) Kunden identifizieren und den PEP-Status erheben, tun sie dies im Namen des Haftungsdaches als dessen Erfüllungsgehilfe – und nicht als eigenverantwortlicher Gewerbetreibender. Denn verantwortlich für das Erfüllen sämtlicher (Sorgfalts-)Pflichten gegenüber der Finanzmarktaufsicht FMA als zuständige Aufsichtsbehörde ist das Wertpapierunternehmen bzw. Haftungsdach. Dazu stellt dieses den angeschlossenen VgV und WPV alles Erforderliche, etwa KYC-Fragebögen und PEP-Auskunft, zur Verfügung.
Das Wertpapierunternehmen erstellt – für seinen Konzessionsumfang, also das reine Wertpapiergeschäft – auch die unternehmensspezifische Risikoanalyse. VgV und WPV brauchen im Zusammenhang mit dem Vermitteln von Wertpapieren keine eigenen Strategien und Verfahren sowie keine eigene Risikoanalyse erstellen.
Salopp gesagt, können sich Wertpapiervermittler hinsichtlich der Pflichten zur Geldwäsche-Prävention bequem zurücklehnen, denn das Haftungsdach stellt alles Notwendige zur Verfügung. Das gilt auch für den Zugang zum WiEReG-Register und goAML. Beides muss das Wertpapierunternehmen einrichten, nicht VgV oder WPV.
GewO für LV-Vermittler
Im Gegensatz dazu erfüllen Finanzberater beim Vermitteln von Lebensversicherungen die Pflichten zur Geldwäsche-Prävention als eigenverantwortliche Verpflichtete gemäß GewO. Sie haben daher sämtliche (Sorgfalts-)Pflichten selbst zu erfüllen, von der internen Risikoanalyse, dem Festlegen von Strategien und Verfahren bis hin zu KYC-Fragebögen und PEP-Selbstauskunft des Kunden. Auch für ein anonymes, internes Meldesystem, den Hinweis auf die Datenverarbeitung zum Zweck der Geldwäsche-Prävention sowie den Zugang zu goAML und ggf. zum WiEReG-Register haben LV-Vermittler selbst zu sorgen.
Als Aufsichtsbehörde fungiert die zuständige Magistratsabteilung (Wien) bzw. Bezirkshauptmannschaft (Bundesländer). Ihr gegenüber ist das laufende Erfüllen der gesetzlichen Pflichten zu belegen, sie führt Kontrollen durch, sie sanktioniert bei Verstößen. Bedenken Sie, dass die Behörde verhängte Sanktionen auf ihrer Internetseite fünf Jahre lang veröffentlichen muss. Ein eventueller Reputationsschaden ist dann noch das geringste Übel.
Erfüllungsgehilfe vs. Eigenverantwortung
Finanzberater, die sowohl Wertpapiere als auch Lebensversicherungen vermitteln, müssen je nach Geschäftsfall unterscheiden, in wessen Verantwortlichkeit sie handeln: in jener des Haftungsdaches, oder in ihrer eigenen.
Das heißt auch, dass sie Verdachtsfälle, die im Rahmen der Wertpapiervermittlung auftreten, an das Haftungsdach melden – und nicht via goAML direkt an die Geldwäschemeldestelle A-FIU. Genau umgekehrt verhält es sich bei der LV-Vermittlung: Verdachtsfälle, die dabei auftreten, melden Finanzberater eigenverantwortlich und direkt via goAML an die A-FIU. Wird das verwechselt, handelt es sich genau genommen einen Meldeverstoß, der sanktioniert werden kann.
Holen Finanzberater – und sei es in bester Absicht, weil sie ihrem Haftungsdach die Arbeit erleichtern wollen – für einen Wertpapier-Firmenkunden einen WiEReG-Auszug aus dem Register ein, begehen sie einen Gesetzesverstoß. Denn die Einsicht in das Register ist ausschließlich im Rahmen der Anwendung der Sorgfaltspflichten erlaubt – und diese liegen im Wertpapiergeschäft beim Haftungsdach.
Fazit: Einzelfallbetrachtung ist unverzichtbar!
Ja, zugegeben, im Wertpapiergeschäft quasi mit der linken Gehirnhälfte zu denken und bei der LV-Vermittlung mit der rechten, macht die Praxis nicht einfacher. Zumal diese Unterschiede auch allen relevanten Mitarbeitern klar sein müssen. Es führt aber kein Weg daran vorbei. Gesetzesverstöße und ggf. Sanktionen wären die Folge.