Stellen Sie sich vor, ein stark übergewichtiger Gast fragt den Kellner im Restaurant, was er ihm empfehlen kann. Der angesprochene Kellner erkundigt sich, in Erfüllung seiner gesetzlichen Pflicht, nach Blutdruck, Körperfett-Anteil und Cholesterin-Wert des Gastes. Anhand dieser Angaben, die der hungrige Gast wahrheitsgetreu zu geben hat, prüft der Kellner, welche Speisen geeignet sind und empfiehlt schließlich einen gemischten Salat. Schnitzel darf er dem übergewichtigen Gast leider nicht servieren.
Diese kleine Anekdote kommt Ihnen skurril und übertrieben vor? Niemals würden Sie sich als Gast im Restaurant derart bevormunden lassen? Keine Sorge, das müssen Sie auch nicht.
Anlegerschutz kostet Entscheidungsfreiheit
Anders stellt sich die Sache allerdings dar, wenn Sie sich hinsichtlich des Kaufs eines Wertpapiers beraten lassen. Bevor Ihnen der Vermögensberater ein Produkt empfehlen darf, muss er die Eignung und Angemessenheit prüfen (gemäß Artikel 54 ff der Delegierten Verordnung der EU 2017/565). Dazu benötigt er zahlreiche Informationen von Ihnen als potentieller Kunde.
Kenntnisse und Erfahrungen sowie Risikobereitschaft und Verlusttragfähigkeit im Zusammenhang mit Geldanlagen, laufendes Einkommen und vorhandene Vermögenswerte, familiäre und beruflich Verhältnisse, und viele weitere Informationen bezieht der Vermögensberater in das Prüfen der Eignung und Angemessenheit ein.
Nur geeignete Wertpapiere zu Ihrem Schutz
Letztendlich darf Ihnen ein Vermögensberater nur jene Wertpapiere empfehlen, die sich auf Basis dieser Prüfung für Sie als Anlegerin oder Anleger als geeignet herausstellen. Damit Sie das Ergebnis dieser Prüfung nachvollziehen können, erhalten Sie einen entsprechenden Bericht.
Was im Restaurant undenkbar ist, ist bei der Anlageberatung – zu Ihrem Schutz! – Realität. Wenn Sie ein Schnitzel bestellen, dann bekommen Sie selbstverständlich ein Schnitzel, aber einen Aktienfonds bekommen Sie nur, wenn er für Sie auch geeignet ist.
Auf eigenes Risiko bekommen Sie alles
Geht der übergewichtige Gast hingegen ins Restaurant und bestellt – ohne den Kellner nach einer Empfehlung zu fragen – ein Wiener Schnitzel mit fettem Majonaise Salat bekommt er selbstverständlich das Gewünschte serviert. Er entscheidet ja selbst und der Kellner wird nur als „ausführendes Organ“ aktiv. Genauso ist das beim Kauf eines Wertpapiers, dort heißt es Anlage- und Abschlussvermittlung oder Execution Only Geschäft. Als Selbstentscheider können Sie – auf eigenes Risiko – kaufen was Sie wollen. Was Sie dabei falsch machen, interessiert den strengen Gesetzgeber, dem Anlegerschutz so wichtig ist, kaum.
Sind Sie Finanzdienstleister? Entspricht Ihre Eignungs- und Angemessenheitsprüfung den aktuellen, gesetzlichen Anforderungen? Wenn Sie sich nicht sicher sind, dann …
Kontaktieren Sie mich noch heute!Lesen Sie auch: Warnung bei 10% Verlust: Trügerische Sicherheit
Lesen Sie auch: Der Ex-ante Kostenausweis