Noch Ende Oktober proklamierte die EU das Aus für Verbrenner ab 2035. Nur wenige Tage später sieht das ein EU-Kommissar ganz anders.
Erst am 27. Oktober verkündete die EU das ultimative Aus für PKWs und leichte Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2035. EU-Abgeordnete brüsteten sich, dass dies eine „historische Entscheidung der EU für das Klima“ darstellt. Nur ein paar Tage später kehrt jetzt die Realität nach Brüssel zurück.
Wie mehrere deutschsprachige Medien berichten, äußerte Thierry Breton, der für den Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar, ernste Bedenken. Seine Skepsis gegenüber dem vorschnellen Aus für Diesel und Benziner bringt er mit einer Gesamtschau jener Kritikpunkte zum Ausdruck, die üblicherweise von Gegnern der Elektromobilität vorgebracht werden.
Durch Elektroautos könnten der europäischen Autoindustrie 600.000 Arbeitsplätze verloren gehen. Um bis zum Jahr 2030 die geplanten 30 Millionen Elektroautos auf Europas Straßen zu haben, würde man für die Batterien 15-mal mehr Lithium, viermal mehr Kobalt und Graphit und dreimal mehr Nickel benötigen, meint Breton. Zusätzlich bräuchte es 7 Millionen Ladestationen, von denen es derzeit nur etwa 350.000 gibt – und davon stehen gut zwei Drittel in nur drei Ländern: Frankreich, Deutschlang und den Niederlanden.
Breton führt weiters an, dass für diese riesige Flotte an Elektroautos zusätzliche 150 Gigawatt Strom erforderlich wären, etwa 25 Prozent mehr als heute. Auch die Tatsache, dass Elektroautos noch lange nicht für jeden EU-Bürger erschwinglich sind, müsse dazu führen, dass die EU das Ausstiegsdatum überdenkt.
Als ob diese Reihe von Argumenten aus dem Mund eines der ranghöchsten EU-Vertreter nicht schon entlarvend genug wären (im doppelten Sinn: für die surrealen Pläne der EU und Elektroautos allgemein), spricht Breton auch noch das Feinstaub-Problem an. Denn durch ihr Batterie-bedingtes Mehrgewicht würden Elektroautos viel mehr Bremsen- und Reifenabrieb erzeugen als Autos mit Verbrennungsmotos. Und Feinstaubpartikel sind schätzungsweise jedes Jahr für den vorzeitigen Tod von 70.000 Menschen verantwortlich.
Eu-Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton lässt wirklich kein mögliches Argument gegen Elektromobilität aus. Er respektiere Autohersteller, die sich entschieden haben, zu 100 Prozent auf Elektromobilität umzustellen, aber er ermutige Autohersteller auch, weiterhin Autos mit Verbrennungsmotor zu produzieren.
Gut, dass sich die EU bei ihrer Entscheidung zum Verbrenner-Aus ein Hintertürchen offengelassen hat. Die Entscheidung wird nämlich 2026 noch einmal überprüft. Möglicherweise wird das Verbot auf Basis dieser Überprüfung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben oder die Rahmenbedingungen werden entschärft.
Quellenangaben:
Tageszeitung Die Presse, www.diepresse.com, „Notbremse bei Umstellung auf E-Autos“, abgerufen am 6. November 2022
Die Weltwoche, www.weltwoche.ch, „Der EU kommen Zweifel am Verbot des Verbrennermotors. Kommissar Breton fordert Realismus – jetzt, wo es zu spät ist“, abgerufen am 6. November 2022
heise online, www.heise.de, „Verbrenner-Ausstieg: EU-Kommissar Breton fürchtet um die Autoindustrie“, abgerufen am 6. November 2022