Der nachhaltige Blick auf das Wesentliche
Eine Wesentlichkeitsanalyse stellt die Grundlage jeder ESG-Strategie zur nachhaltigen Entwicklung dar. Sie dient dem Identifizieren und Priorisieren der für ein Unternehmen und dessen Stakeholder relevanten Nachhaltigkeitsthemen. Was genau verstehen wir darunter?
Die Wesentlichkeitsanalyse trägt ihren Namen zurecht. Sie ist ein ebenso wesentlicher wie hilfreicher Baustein von Beratungen zu Corporate Sustainability. Von Vorteil ist, dass es sich dabei um kein abstraktes Konzept handelt, sondern um ein praxisnahes Werkzeug, das individuelle und spezifischen Nachhaltigkeitsthemen eines Unternehmens sichtbar macht. Wesentlichkeitsanalysen sind immer maßgeschneidert auf die Organisation, deren Geschäftsfelder und Stakeholder.
Visualisiert wird eine Wesentlichkeitsanalyse in der Wesentlichkeitsmatrix, wie zum Beispiel dieser hier:
Bei der abgebildeten Wesentlichkeitsmatrix handelt es sich um ein einfaches Beispiel der Ergebnisse einer Wesentlichkeitsanalyse eines Dienstleistungsbetriebes, dessen Geschäftstätigkeit eher geringe Auswirkungen auf Klima und Umwelt hat. Aber auch daraus lassen sich bereits wichtige Erkenntnisse und wirksame Maßnahmen ableiten.
Wozu dient eine Wesentlichkeitsanalyse?
Wesentlichkeitsanalysen fördern das Bewusstsein für angemessene und gleichzeitig wirksame nachhaltige Maßnahmen. Sie unterstützen Unternehmen dabei, zwischen den Kernelementen von Nachhaltigkeit – Ökonomie, Gesellschaft und Ökologie – ein ausgewogenes Verhältnis zu schaffen. Sie binden die wichtigsten Stakeholder, beispielweise Mitarbeiter:innen und Kund:innen, ein, und bringen die nachhaltigen Aktivitäten sozusagen in die Balance.
Nachhaltige Entscheidungen, die Unternehmen auf Basis von Wesentlichkeitsanalysen treffen, können gewährleisten, dass Corporate Sustainability mehr ist als eine Handvoll „grüner“ Marketingmaßnahmen oder reine Wortakrobatik. Mit solcherart zukunftsfitten Entscheidungen lässt sich Greenwashing aktiv vermeiden. Auch Wettbewerbsvorteile können sich daraus ergeben.
Direkte und indirekte Pflicht zur Wesentlichkeitsanalyse
In der Literatur finden wir die Wesentlichkeitsanalyse auch unter dem Namen Materialitätsanalyse. Die kommenden Gesetze zur Nachhaltigkeitsberichterstattung – die Corporate Sustainability Reporting Directive CSRD in Verbindung mit dem European Sustainability Reporting Standard ESRS – verlangen verpflichtend die doppelte Materialitätsanalyse:
Inside Out-Perspektive (Ökologische und soziale Wesentlichkeit)
Darunter verstehen wir die von den Unternehmensaktivitäten ausgehenden (externen) Auswirkungen auf Klima, Umwelt und Gesellschaft, die Einfluss auf das Ansehen, die Reputation und die langfristige Nachhaltigkeit des Unternehmens haben können. Beispiele dafür sind verursachte Treibhausgas-Emissionen und Umweltverschmutzung und die Recyclingfähigkeit erzeugter Produkte.
Outside In-Perspektive (Ökonomische/finanzielle Wesentlichkeit)
Darunter verstehen wir (externe) Nachhaltigkeitsfaktoren (Klima & Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft), die von außen auf das Unternehmen und seine Geschäftstätigkeiten einwirken und sich signifikant auf die künftige Rentabilität (Umsatz, Gewinn, Kosten, Vermögenswerte, Haftungen usw.), also den langfristigen betriebswirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens, auswirken können. Beispiele dafür sind Extremwetterereignisse, soziale Unruhen, steigende CO2-Preise und regulatorische Verschärfungen.
Im ersten Schritt (bereits ab dem Geschäftsjahr 2024) sind von diesen strengen Pflichten große Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiter:innen betroffen. Deren weitreichende Pflichten strahlen jedoch zunehmend auf Lieferanten und Geschäftspartner, darunter viele kleine und mittlere Unternehmen, aus.
Eine Wesentlichkeitsanalyse auf freiwilliger Basis kann eine vorsorgliche Maßnahme sein, um die vermehrt eintreffenden ESG-Fragebögen großer B2B-Kunden zu beantworten.
Welche Vorteile eröffnet eine Wesentlichkeitsanalyse?
Neben den nachhaltigen Aspekten kann eine Wesentlichkeitsanalyse weitere Vorteile eröffnen, die dabei unterstützen, den langfristigen Bestand und Erfolg eines Unternehmens zu sichern.
- Eine Wesentlichkeitsanalyse unterstützt dabei, jene ESG-Themen und -Maßnahmen zu identifizieren sowie zu priorisieren (in die richtige Reihenfolge zu bringen), die für die Geschäftstätigkeit und ESG-Strategie des Unternehmens am relevantesten sind. So werden jene Themen und Maßnahmen erkannt, die a) besonders wichtig sind und b) besonders positive Wirkung (Impact) erzielen.
- Eine Wesentlichkeitsanalyse fördert ökonomische, soziale und ökologische Risiken zu Tage. Mit Kenntnis relevanter bzw. kritischer Risiken können zeitnahe entsprechende Maßnahmen gesetzt werden, um diese Risiken zu reduzieren (im Idealfall zu eliminieren) und die nachhaltige Entwicklung des Unternehmens gewährleisten.
- Eine Wesentlichkeitsanalyse kann (bisher verborgende) Potentiale für bessere strategische und operative Entscheidungen aufzeigen, ebenso Möglichkeiten zur Optimierung von (alteingesessenen) Prozessen und Abläufen.
- Eine Wesentlichkeitsanalyse ist auch eine Art Brainstorming, aus dem wertvolle Ideen für Produkt- und Serviceinnovationen ais dem Kreis der involvierten Stakeholder entstehen können.
- Eine Wesentlichkeitsanalyse unterstützt – im wahrsten Sinne des Wortes – wesentlich die Authentizität, Glaubwürdigkeit und Transparenz der nachhaltigen Entwicklung eines Unternehmens.
- Zeitliche, personelle und finanzielle Ressourcen, die jede nachhaltige Entwicklung bedingt, können auf Basis einer Wesentlichkeitsanalyse gezielter und effektiver geplant und eingesetzt werden.
- So gut wie aus jeder fundierten Wesentlichkeitsanalyse lassen sich Erkenntnisse gewinnen und Maßnahmen ableiten, die entscheidend (um nicht schon wieder zu sagen: wesentlich) den zukünftigen Erfolg des Unternehmens unterstützen.
Zu all diesen Vorteile gesellen sich regulatorische Pflichten. Denn Wesentlichkeitsanalysen sind für große Unternehmen ab dem Geschäftsjahr 2024 gesetzliche Pflicht. Dabei müssen auch vor- und nachgelagerte Wertschöpfungsketten berücksichtigt werden. Das hat zur Folge, dass kleine und mittlere Unternehmen, die große Unternehmen mit ihren Waren oder Dienstleistungen beliefern, in die Wesentlichkeitsanalyse des B2B-Kunden einbezogen werden (müssen). Mit ihrer eigenen (freiwilligen) Wesentlichkeitsanalyse bereiten sich Unternehmen darauf vor.
Mit dem Sustainable Consulting unterstütze ich Sie beim Erstellen Ihrer individuellen Wesentlichkeitsanalyse.
Lesen Sie weiter: Schritt für Schritt zur Wesentlichkeitsanalyse