Wie gut ist die Qualität von gekauften ESG-Daten?
Um die Taxonomie-Konformität ihrer Investitionen und Finanzprodukte bewerten und Transparenzpflichten erfüllen zu können, benötigen Finanzmarktteilnehmer eine Vielzahl an Unternehmensdaten. Doch die Datenlage seitens der Unternehmen ist ebenso mangelhaft wie das manuelle Erheben mühsam und zeitaufwendig ist. Daher kaufen Asset Manager ESG-Daten von externen Anbietern zu. Das deutsche Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin hat in einer Marktstudie erhoben, wie 30 deutsche Fondsgesellschaften diese Daten handhaben und bewerten.
Anbieter und Auswahl
Zu den bevorzugten Anbietern von ESG-Daten zählen MSCI (84 %), ISS (44 %), Bloomberg (28 %) sowie Solactive und Sustainalytics (je 20 %). Über 70 % der Fondsgesellschaften nutzen mehr als einen Datenlieferanten. Problematisch dabei ist, dass bis dato kein einheitlicher Standard bezüglich Erhebung und Umgang mit ESG-Daten und Ratings existiert. Die Vergleichbarkeit der Daten ist daher mangelhaft.
Angemessenheit der Kosten
Gerade einmal 18 % der Fondsgesellschaften betrachten die Kosten für den Bezug von ESG-Daten und Ratings als angemessen, während 81 % die Kosten als nicht angemessen ansehen. Als Ursachen für die unverhältnismäßig hohen Kosten nennen die Befragten unter anderem die Konzentration auf eine geringe Anzahl an Datenanbietern und deren beherrschende Marktstellung, die es ihnen erlaubt, hohe Preise für ihre Daten zu verlangen.
Das durchschnittliche Budget zur Beschaffung von ESG-Daten beläuft sich im Geschäftsjahr 2024 auf 48.000 Euro. Diese Kostenbelastung schmälert die Attraktivität von Investmentfonds. Insbesondere kleine Fonds und Marktteilnehmer würden durch die hohen Kosten überdurchschnittlich benachteiligt.
Plausibilität und Vergleichbarkeit
87 % der Asset Manager prüfen die extern bezogenen Daten mithilfe unterschiedlicher Mechanismen auf ihre Qualität und Plausibilität. Dabei wird insbesondere die mangelnde Vergleichbarkeit als problematisch angesehen. Während zum Beispiel ein führender Anbieter den Umgang der Unternehmen mit finanziell relevanten ESG-Risiken von „AAA“ bis „CCC“ bewertet, misst ein anderer Anbieter die Übereinstimmung der Unternehmensstrategie mit der EU-Taxonomie sowie den Bezug sozialer Aspekte zu den Sustainable Development Goals auf einer Skala von 0 bis 100.
Die Unterschiede betreffen bereits Bezeichnungen oder die Heterogenität der Bewertungskriterien und Gewichtungen. All das macht eine Vergleichbarkeit der verschiedenen Ratings sehr schwer bis unmöglich.
Datenqualität und Datenabdeckung
Nur rund 38 % der Fondsgesellschaften betrachten die Qualität der externen ESG-Daten als „hoch“, während 62 % diese Einschätzung nicht teilen. Als Gründe werden neben der zum Teil schlechten Datenabdeckung auch die teils unzureichende Aktualität der Daten genannt.
Ein Großteil der Befragten (75 %) empfindet die Datenabdeckung zumindest teilweise als nicht ausreichend, und erwähnt beispielsweise die geringe Abdeckung der Taxonomie-Daten. Gerade diese sind aber für das Einhalten der zahlreichen regulatorischen Anforderungen notwendig.
Herausforderungen
Zu den größten Herausforderungen zählen die teils mangelnde Qualität der zugekauften ESG-Daten und Ratings, die teilweise schlechte Datenabdeckung, die mangelnde Aktualität sowie die geringe Vergleichbarkeit und Transparenz der Daten und ihrer zugrundeliegenden Ratingmethodik. Entsprechende Unschärfen bei den Einstufungen als nachhaltiges Investment bzw. Finanzprodukt sind die Folge.
Dieser Beitrag ist erstmalig im Börsen-Kurier Nr. 11 vom 14. März 2024 erschienen.