
Auch MiFID II & IDD lechzen nach Vereinfachungen
Neuerdings hat sich die EU-Kommission das Vereinfachen von komplexen Regelwerken auf die Fahnen geschrieben. Zu viel Berichterstattung, zu viele Überschneidungen, zu komplex und zu teuer, um sie einzuhalten, sei die Bürokratie, gestand EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Ende November 2024 ein. Am 26. Februar 2025 präsentierte die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Omnibus-Verordnung, mit der insbesondere die grüne Bürokratie – EU-Taxonomie, Nachhaltigkeitsberichtspflichten und Lieferkettengesetz – vereinfacht werden soll.
Bürokratie als Wirtschafts-Killer
Amerika erfindet, China kopiert, Europa reguliert. So lautet ein spitz formulierter Kalauer unter Unternehmerinnen und Unternehmern, an dem leider viel Wahres dran ist. Wobei Amerika die Erfinderrolle zu einem guten Teil an die Chinesen abgegeben hat. In China wird schon lange nicht mehr nur kopiert. Sicher ist aber, dass Europa bzw. die EU nach wie vor Regulierungs-Weltmeister ist. Nicht nur die vielen Beiträge auf dieser Internetseite zeugen davon.
Im Arbeitsprogramm 2025 der EU-Kommission finden wir immerhin 37 Rechtsakte, die die Kommission innerhalb von sechs Monaten zurückzuziehen beabsichtigt. Weitere 123 Rechtsakte stehen auf der Liste der offenen Entwürfe. Experten meinen, dass einige dieser Regelwerke damit quasi auf die lange Bank geschoben sind und dort eventuell verstauben werden. Bedenken wir, dass uns die EU jedes Jahr mit etwa 3.000 Rechtsakten beglückt, sind 37 plus 123 nicht besonders viel, aber ein Anfang.
Wo bleibt der Omnibus für uns Finanzdienstleister?

Wertpapier- und Versicherungsdienstleister können traurige Lieder über die Fülle an Pflichten in MiFID II und IDD singen. Dazu kommen nationale Gesetze, Rundschreiben und Guidelines der Aufsichtsbehörden und begleitende Regelungen.
Dem Anlegerschutz – dem eigentlichen Grundgedanken von MiFID II und IDD – ist damit schon lange nicht mehr gedient. Auch mit der Transparenz wird es übertrieben. Kaum ein Kunde liest die vielen Dutzend Seiten, die vorgelegt werden müssen. Und die angekündigte Retail Investment Strategie RIS will den Beratungsprozess – nein, nicht einfacher – noch einmal komplizierter machen.
MiFID II und IDD brauchen auch einen Omnibus!
In meinem Archiv habe ich ein paar Beratungsunterlagen aus meinen Anfängen in der Wertpapierdienstleistung. Sie stammen etwa aus dem Jahr 2000. Man kann sich das heute gar nicht mehr vorstellen, aber damals reichte ein zweiseitiges (!) Kundenprofil. Dieses Höchstmaß an Einfachheit werden wir nie wieder sehen, so viel ist klar und im Sinne des Anlegerschutzes auch gut. Aber weniger Bürokratie würde auch dazu führen, dass mehr privates Kapital investiert wird und damit in die Wirtschaft fließt – wo es aktuell dringend gebraucht wird.
Aber ein paar bürokratische Auswüchse der Neuzeit bieten sich für eine tiefgreifende Vereinfachung an, beispielsweise die vollkommen missglückte Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen. Ich frage mich, ob auch nur ein einziger jener Bürokraten, die diese Abfrage am Schreibtisch erfunden haben, sich im echten Leben jemals durch den ellenlangen und komplexen Fragenkatalog gequält hat.

Noch selten habe ich in meinen über 25 Jahren Finanzdienstleistung ein Verfahren gesehen, dass derart weltfremd an der sinnvollen und machbaren Realität vorbeigeht. Ein echter Rohrkrepierer, der das Umlenken von Anlagegeldern in nachhaltige Finanzprodukte wahrlich nicht beflügelt.
Ich hoffe, dass beim angekündigten Bürokratie-Abbau auch an die Finanzdienstleister gedacht wird! MiFID II und IDD können eine Omnibus-Verordnung mit Vereinfachungen – auch zum Wohl und besseren Verständnis der Kunden – dringend brauchen. Momentan ist die Hoffnung leider gering, dass der FDL-Omnibus bald um die Ecke biegt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
