Zu viel, zu komplex, zu teuer: EU-Rat fordert „revolutionäre Vereinfachungen“
Der Grüne Deal beschert der Wirtschaft eine Flut an Regelwerken. Unternehmen aller Branchen und Größen ächzen unter der Last der ausufernden Bürokratie, die Europa auch als Standort und Zielgebiet für Investitionen unattraktiv macht. Ende November 2024 ließ EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einer Rede vor dem EU-Parlament aufhorchen. Sie kündigte ein Straffen der Vorschriften an, um die Belastung der Unternehmen zu verringern.
EU-Rat fordert Revolution
Bereits am 8. November 2024 forderte der Europäische Rat die Kommission zu gemeinsamen Anstrengungen für mehr Wettbewerbsfähigkeit auf. Das Organ der EU-Staats- und Regierungschefs verlangt das Einleiten eines „revolutionären Vereinfachungsprozesses“, der den „Verwaltungs-, Regulierungs- und Meldeaufwand, insbesondere für KMU, drastisch verringert“. Unternehmen soll es ermöglicht werden, sich ohne übermäßige Regulierung zu entfalten.
Zu den wichtigsten Zielen, die die Kommission bereits im 1. Halbjahr 2025 umsetzen müsse, zählen laut Erklärung des EU-Rates unter anderem konkrete Vorschläge zum Verringern der Berichtspflichten um mindestens 25 %.
Bürokratie zu viel, zu komplex, zu teuer
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stimmte Ende November in einer Rede in diesen Kanon ein: „Damit Europa aufholen kann, müssen wir auch unseren Unternehmen das Leben leichter machen.“ Zu viel Berichterstattung, zu viele Überschneidungen, zu komplex und zu teuer, um sie einzuhalten, sei die Bürokratie, gestand sie ein. Damit spielte sie auf EU-Taxonomie, Nachhaltigkeitsberichtspflichten (CSRD/ESRS) und EU-Lieferkettengesetz (CSDDD) an.
In einem der ersten Schritte werde es daher eine neue Omnibus-Gesetzgebung geben. Dazu werde sich die Kommission verschiedene Sektoren ansehen und die europäischen Rechtsvorschriften bewerten. Denn, so Ursula von der Leyen, „die größte Stärke des Binnenmarktes besteht darin, dass er die unzähligen nationalen Normen und Gebräuche durch ein einziges Regelwerk ersetzt.“
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Rechtssicherheit lässt zu wünschen übrig
„Und wir müssen Rechtssicherheit darüber schaffen, was wir von ihnen [Anm.: den Unternehmen] erwarten.“, meint die Präsidentin. Ausgerechnet die überraschende Ankündigung einer kurzfristigen Revision gültiger Regularien – zeitnahe nach deren Inkrafttreten, teils noch vor deren Anwendung – soll der Rechtssicherheit zuträglich sein. Tausende Unternehmen stecken gerade viel Zeit, Geld und Personalressourcen in die Vorbereitung und Umsetzung von CSRD, ESRS, CSDDD & Co. Dass ein Teil davon möglicherweise umsonst ist, dürfte nicht nur zur Freude über gelockerte Pflichten führen, sondern auch zu Kopfschütteln über die plötzliche Kehrtwende.
Kritik von Klimaschützern
Schon zwei Wochen nach der Ankündigung kritisieren mehr als 90 zivilgesellschaftliche Organisationen die sich anbahnende Kehrtwende bei den Nachhaltigkeitspflichten. Sie raten dringend davon ab mit den rechtlichen Rahmenbedingungen Ping-Pong zu spielen.
Dieser Beitrag ist erstmals im Börsen-Kurier Nr. 3 von 16. Januar 2025 erschienen.