GES statt ESG: Ökonomie vor Ökologie

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Finanzielle Gesundheit ist die unverzichtbare Basis für Nachhaltigkeit

Konsumenten, Lieferanten und gesetzliche Bestimmungen fordern von kleinen wie großen Unternehmen zunehmend wirksame Maßnahmen zum Erreichen der viel zitierten ESG-Ziele (Environmental/Umwelt, Social/Gesellschaft und Governance/gute Unternehmensführung). Kränkeln Unternehmen jedoch betriebswirtschaftlich, verliert die nachhaltige Entwicklung schnell an Stellenwert.

Im Fokus des europäischen Grünen Deals stehen – nicht zuletzt, weil sich die EU-Taxonomie derzeit noch auf diese Kernelemente beschränkt – Klima- und Umweltschutz. Ausgewählte Unternehmen, wie Finanzdienstleister und börsennotierte Unternehmen, sind bereits auf gesetzlicher Basis verpflichtet, zum Erreichen der europäischen ESG-Ziele beizutragen und darüber zu berichten. Die Frage, ob und wie sie die dazu notwendigen zeitlichen, personellen und finanziellen Ressourcen aufbringen, stellt sich bei diesen Unternehmen nicht. Sie müssen.


Anders ist die Situation bei jenen Unternehmen, die nachhaltige Maßnahmen auf freiwilliger Basis umsetzen. Die Bereitschaft zur nachhaltigen Entwicklung ist in der Wirtschaft grundsätzlich groß – wenn es im Betrieb nicht brennendere Herausforderungen gibt. Und davon kennen Unternehmen derzeit viele, wie etwa hohe Energiepreise, Fachkräftemangel, gestiegene Rohstoffkosten und Umsatzeinbußen, weil sich Konsumenten angesichts hoher Inflation weniger leisten können.


Gefährden solche Probleme das positive Betriebsergebnis, verlieren Unternehmen ihre nachhaltige Entwicklung schnell aus den Augen. Verständlich, denn wenn es um die nackte Existenz geht, um das Bezahlen von Rechnungen, Gehältern und Mieten sowie das Abführen von Steuern und Sozialversicherungsabgaben, müssen ordentliche Kaufleute betriebswirtschaftliche Prioritäten setzen.


Einen Unternehmer, dem das Wasser bis zum sprichwörtlichen Hals steht, interessieren in dieser Krisensituation weder das E für Umwelt noch das S für Gesellschaft, sondern nur mehr das G für wirtschaftliches Überleben. Ökonomie schlägt Ökologie. Aus ESG wird GES.


Doch auch ohne Krise entwickeln sich nur wirtschaftlich gesunde Unternehmen aktiv nachhaltig weiter. Denn dafür sind, wie erwähnt, angemessene zeitliche, personelle und finanzielle Ressourcen notwendig. Betrieben geht es ähnlich wie Konsumenten. Auch Konsumenten können nur nachhaltig veranlagen, Lebensmittel in Bio-Qualität kaufen, auf ein Elektroauto umsteigen oder sich sozial engagieren, wenn sie Geld und Zeit dafür übrighaben. Werden diese Ressourcen knapp, bleiben viele Aspekte der Nachhaltigkeit notgedrungen auf der Strecke.

Abgesehen davon, dass sich nicht die ganze Welt derart intensiv dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben hat wie wir Europäer, besteht dieses Dilemma rund um den Globus. Ohne Geld, keine Musik. Das gilt auch für den Grünen Deal und die ESG-Ziele.


Dieser Artikel ist erstmals im Börsen-Kurier Nr. 36 vom 7. September 2023 erschienen (Download Artikel).


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