Im Juli 2022 hat die Platform on Sustainable Finance den Entwurf zu einem Bericht über Mindestschutzmaßnahmen veröffentlicht. Dieser Bericht berät über die Anwendung der Mindestgarantien in Bezug auf Artikel 3 und 18 der Taxonomie-Verordnung. Obwohl Artikel 18 der Taxonomie-Verordnung gerade einmal 112 Wörter umfasst, erstreckt sich der Berichtsentwurf auf stolze 67 Seiten. Ein weiteres Beispiel dafür, wie man gute Ideen zu Tode regulieren kann?
Artikel 18 Taxonomie-Verordnung
Mindestschutz
(1) Bei dem in Artikel 3 Buchstabe c genannten Mindestschutz handelt es sich um Verfahren, die von einem eine Wirtschaftstätigkeit ausübenden Unternehmen durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte, einschließlich der Grundprinzipien und Rechte aus den acht Kernübereinkommen, die in der Erklärung der Internationalen Arbeitsorganisation über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit festgelegt sind, und aus der Internationalen Charta der Menschenrechte, befolgt werden.
(2) Bei der Umsetzung der Verfahren gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels halten sich die Unternehmen an den Grundsatz „Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen“ nach Artikel 2 Nummer 17 der Verordnung (EU) 2019/2088.
Beim Untersuchen der Verbindungen zwischen Mindestschutz und EU-Rechtsvorschriften konzentriert sich der Bericht auf die Bestimmungen der Offenlegungs-Verordung SFDR, die künftige Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen CSRD und die künftige Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen CSDDD. Auch EU-Initiativen zu Besteuerung, Korruption und fairem Wettbewerb werden berücksichtigt.
Die kommenden Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung spielen laut Bericht eine besondere Rolle, da sie in Artikel 18 Absatz 2 der Taxonomie-Verordnung ausdrücklich erwähnt werden. Der Bericht interpretiert diesen Zusammenhang indem er die fünf obligatorischen sozialen Hauptbelastungsfaktoren (PAI) der Offenlegungs-Verordnung in seine Empfehlungen einbezieht.
Durch die Analyse der in Artikel 18 genannten Standards (OECD-Leitlinien für multinationale Unternehmen, Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte, die acht Übereinkommen über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und die internationale Menschenrechts-Charta) identifiziert der Bericht vier Kernthemen, für die die Einhaltung von Mindestgarantien definiert werden sollten. Diese sind:
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Menschenrechte, einschließlich der Rechte der Arbeitnehmer
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Bestechung/Korruption
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Besteuerung
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Fairer Wettbewerb
Da die Regulierung hinsichltich der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht CSDDD und der Nachhaltigkeitsberichterstattung CSRD bekanntlich noch auf sich warten lassen, erkennen die Experten der Platform on Sustainable Finance in ihrem Bericht noch eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich ihrer Umsetzung. Sobald CSDDD und CSRD fertiggestellt sind und einige Erfahrungen mit der praktischen Umsetzung sowie mit Gerichtsurteilen (sic!) gesammelt wurden, sollten die Empfehlungen überarbeitet werden, ist im Bericht zu lesen.
Konkret empfiehlt der Bericht Folgendes:
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Unzureichende oder nicht vorhandene Sorgfaltspflichten der Unternehmen in Bezug auf Menschenrechte, einschließlich Arbeitsrechte, Bestechung, Besteuerung und fairen Wettbewerb als Zeichen der Nichteinhaltung der Mindestschutzmaßnahmen zu betrachten.
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Endgültige gerichtliche Verurteilung von Unternehmen in Bezug auf eines dieser Themen als Zeichen der Nichteinhaltung der Mindestschutzmaßnahmen zu betrachten.
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Mangelnde Zusammenarbeit mit einer Nationalen Kontaktstelle und eine Bewertung der Nichteinhaltung der OECD-Leitlinien als Zeichen der Nichteinhaltung betrachten.
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Die Nichtbeantwortung von Vorwürfen durch das Business and Human Rights Resource Centre ist als Zeichen der Nichteinhaltung zu werten.