Österreich gilt als „overbanked“. Unser heimischer Banken-Urwald ist im internationalen Vergleich viel zu dicht. Zeitgleich macht die neueste digitale Revolution Banken und Finanzdienstleistern Konkurrenz. Clevere und benutzerfreundliche FinTechs und auf Algorithmen basierende RoboAdvisor machen sich am Markt breit und buhlen um Kundschaft. Jobkiller oder Chance?
Geldausgabeautomaten läuteten im Jahr 1980 die erste Phase der Technisierung im Finanzbereich ein. Endlich gab es Bargeld unabhängig von starren Banköffnungszeiten rund um die Uhr. Ihnen folgten weitere Automaten in den Foyers der Bankfilialen. Das Online-Banking verlagerte unsere alltäglichen Bankgeschäfte dann endgültig weg vom Schalter hin ins Internet. Heute klagen Banken darüber, dass ihnen immer mehr Privatkunden den Rücken kehren. Ein Treppenwitz.
Brauchen wir den Bankschalter noch?
Mit Automaten und Online-Banking haben uns Banken auf subtile, aber wirkungsvolle Art dazu erzogen, einfache Geldgeschäfte selbst zu erledigen. Sie haben uns quasi vom persönlichen Kontakt mit dem Berater entwöhnt. Menschen wurden als Ansprechpartner Schritt für Schritt obsolet und wir fanden Geschmack daran mehr und mehr finanzielle Angelegenheiten selbst via Internet zu erledigen.
Viele, nicht nur Junge, nutzen für ihre Geldgeschäfte heute das Internet, zunehmend auch mobil. Das Vergleichen von Finanzprodukten und Konditionen geht online viel schneller als von Berater zu Berater zu laufen und sich Angebote einzuholen. Und bei der Recherche im Internet gibt es oben drauf gleich Bewertungen und Erfahrungswerte vieler anderer Nutzer.
Kontogebühren, Kredit- und Sparzinsen, Depot- und Transaktionsgebühren für Wertpapiere, Geldanlagen aller Art, Versicherungsprämien und vieles mehr – beinahe zu allem finden wir online die günstigsten Angebote. Gefallen uns diese, dann können wir sie mit ein paar Klicks sofort kaufen. Spätestens ab hier laufen traditionelle Vertriebs- und Beratungsmethoden Gefahr zum Auslaufmodell zu werden.
Dinosaurier werden aussterben
Verlagert sich der Point of Sale vom Bankschalter oder Wohnzimmertisch ins Internet, läuft der gute, alte Berater aus Fleisch und Blut Gefahr arbeitslos zu werden. Insbesondere FinTechs & RoboAdvisor können so zu wahren Jobkillern in der Finanzbranche werden. Gegen diesen neuen Trend wirken traditionell arbeitende Banken und Finanzberater wie Dinosaurier. Wie diese endeten wissen wir alle.
Schon über 3.500 solcher FinTech-Startups soll es weltweit geben. Sie sind klein, wendig und kreativ, sie versprechen einen überraschend einfachen Umgang mit Geld und locken mit frecher Werbung, schicken Internetseiten und praktischen Apps. Treibende Kraft dahinter sind auch Konzerne wie Google und Apple, die mittlerweile über Banklizenzen verfügen – und dank der Millionen Nutzerdaten, auf die sie zugreifen können, eine sehr gute Ausgangsbasis für das Gewinnen von Kunden haben.
Ebenso wie Banken geraten Vermögensberater und Versicherungsmakler durch FinTechs & RoboAdvisor unter Druck. Gerade junge Menschen, die mit Social Media und einem Smartphone in der Hand aufwachsen, sind wohl sehr offen für eine Online-Beratung. Nur weil die Eltern seit vielen Jahren gerne mit ihrem Berater persönlich plaudern, heißt das nicht, dass auch die Kinder so „old school“ beraten werden wollen. Sie gewinnt man eher mit coolen und nutzerfreundlichen Apps. Das wissen die Anbieter ganz genau.
Die Neuen haben echte Chancen eine radikale Umwälzung in der Finanzbranche in Gang zu setzen. Werden die Alten aussterben wie einst die Dinosaurier? Werden die Jungen vielleicht zum willigen Schlachtvieh für Datendiebe und skrupellose Online-Finanzhaie? Oder ergibt sich am Ende eine Symbiose aus Alt und Neu? Wir werden sehen. Sicher ist nur, dass der Wandel schon begonnen hat.