Bereits am 20. Juli 2021 wurden Vorschläge für eine 6. Geldwäsche-Richtlinie (COM(2021) 423 final) sowie eine Geldwäsche-Verordnung (COM(2021) 420 final) veröffentlicht. In die Medien hat es die darin enthaltene Bargeldobergrenze im Geschäftsverkehr von 10.000 Euro geschafft. Darüber hinaus sind aber noch einige weitere interessanten Details in den 180 Seiten zu finden.
Mit dem Entwurf zur Richtlinie soll die Richtlinie (EU) 2015/849, also die 4. Geldwäsche-Richtlinie, aufgehoben werden. Parallel dazu soll es eine Verordnung zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung geben. Wieso findet die EU mit einer Richtlinie nicht mehr das Auslangen?
Mangelhafte Umsetzung in vielen EU-Mitgliedstaaten
Ein Grund für die Verordnung könnte sein, dass die EU-Mitgliedstaaten bei der nationalen Umsetzung der Geldwäsche-Richtlinien oftmals säumig sind (Berichten zufolge laufen gegen 17 Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren), und die EU diesem schleißigen Vorgehen einen Riegel vorschieben möchte. Mit einer Verordnung, die im Gegensatz zur Richtlinie nicht national umgesetzt werden muss, würden die Bestimmungen zur Geldwäsche-Prävention ab dem Tag X (gesprochen wird vom Jahr 2024) gleichlautend in allen Mitgliedstaaten gelten.
Damit in allen EU-Mitgliedstaaten idealer Weise dieselben strengen Pflichten zur Geldwäsche-Prävention gelten und vollinhaltlich angewendet werden müssen, wandern die wesentlichen Inhalte, die derzeit in den Geldwäsche-Richtlinien stehen (beispielsweise die Sorgfalts- und Meldepflichten), in die Verordnung.
AMLA und Zusammenarbeit zwischen den Behörden
Im Fokus der Richtlinie steht die zukünftige Arbeit der europäischen Behörde für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, kurz AMLA, die durch die Verordnung eingerichtet wird. Demzufolge nennt die Richtlinie als Gegenstand unter anderem die Ermittlung von Risiken der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung auf Ebene der Union und der Mitgliedstaaten, die Zuständigkeiten und Aufgaben zentraler Meldestellen sowie die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden. Dazu ist vorgesehen, dass sowohl die Union als auch die Mitgliedstaaten ihre jeweiligen Risikobewertungen auf dem neuesten Stand halten und sie mindestens alle vier Jahre überprüfen.
Auch die Einrichtung von sowie der Zugang zu Registern der wirtschaftlichen Eigentümer, Bankkontenregistern und Immobilienregistern steht im Fokus. Dazu passt die ebenfalls im Juli 2021 ausgeschriebene Machbarkeitsstudie für ein europaweites Vermögensregister (siehe Beitrag Die EU plant ein europaweites Vermögensregister). Artikel 15 der Richtlinie sieht in diesem Zusammenhang die Vernetzung der zentralen Register der wirtschaftlichen Eigentümer der einzelnen Mitgliedstaaten vor.
Verpflichtete wandern in der Verordnung
Wie eingangs erwähnt, wandern wesentliche Bestimmungen aus der Richtlinie in die Verordnung. Wie zum Beispiel die Liste der Verpflichteten. Aus diesem Kreis sollen Handelsgewerbetreibende herausfallen, was hinsichtlich der ebenfalls in der Verordnung enthaltenen Bargeldobergrenze im Geschäftsverkehr von 10.000 Euro nur logisch wäre (da Handelsgewerbetreibende aktuell nur bei Barzahlungen ab 10.000 Euro zur Geldwäsche-Prävention verpflichtet sind und es diese zukünftig nicht mehr geben soll).
Einzige Ausnahme unter der Handelsgewerbetreibenden, die auch weiterhin zu den Verpflichteten zählen sollen, sind Personen, die mit Edelmetallen und Edelsteinen handeln – also zum Beispiel Juweliere. Wobei dieses spezielle Wording der Definition zu „spannenden“ Folgen in der Praxis führen würde. Den Juwelieren ist zu wünschen, dass es hier noch zu Änderungen kommt.
Meiner persönlichen Ansicht nach werden auch wir ÖsterreicherInnen uns an die Bargeldobergrenze gewöhnen müssen. In vielen EU-Mitgliedstaaten gibt es bereits so eine Obergrenze. Und diese Best Practice-Beispiele zeigen, dass es zu keinen nennenswerten negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft kommt.
Verpflichtender Geldwäsche-Beauftragter
Artikel 9 der Verordnung sieht vor, dass Verpflichtete über einen Compliance-Beauftragten verfügen, der vom „Direktorium oder Leitungsorgan“ zu ernennen und für die tägliche Anwendung der Strategien des Verpflichteten zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständig ist. Eine Ausnahme für kleine Unternehmen ist nicht vorgesehen, also würde die Pflicht sogar für Ein-Personen-Unternehmen gelten.
Mitarbeiter, deren Aufgaben mit dem Einhalten der Pflichten zur Geldwäsche-Prävention zusammenhängen (also beispielsweise auch AssistentInnen, Mitarbeiter in der Antrags-/Vertragskontrolle), sollen gemäß Artikel 11 einer „vom Compliance-Beauftragten zu billigenden Prüfung unterzogen“ werden, bei der bewertet wird, ob der Mitarbeiter
- a) über die individuellen Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, die für eine wirkungsvolle Wahrnehmung seiner Funktionen erforderlich sind, und
- b) einen guten Leumund besitzt sowie aufrichtig und integer ist.
In Sinne der Überprüfbarkeit durch die Aufsichtsbehörden wird dies entsprechend zu dokumentieren sein.
Keine privaten Kontakte zu (potentiellen) Kunden mehr
Artikel 11 sieht weiters vor, dass Mitarbeiter, deren Aufgaben mit dem Einhalten der Pflichten zur Geldwäsche-Prävention zusammenhängen, den Compliance Beauftragten „über jede enge private oder berufliche Beziehung zu Kunden oder angehenden Kunden des Verpflichteten“ unterrichten müssen und aller Aufgaben entbunden werden, die mit der Geldwäsche-Prävention zusammenhängen und diese Kunden betreffen. Hier hat der Verordnungsentwurf ein Einsehen mit Einzelunternehmern, denn für diese soll diese Bestimmung nicht gelten.
In diesem Zusammenhang fallen mir Finanzdienstleister, Versicherungs- und Wertpapierunternehmen, ein, die vielfach mit gewerblichen Versicherungsmaklern bzw. Vermögensberatern kooperieren. Genau diese sind es, die den direkten Kontakt zum (potentiellen) Kunden haben und unter anderem auch wesentliche Pflichten hinsichtlich Geldwäsche-Prävention für die Versicherung oder das Wertpapierunternehmen erfüllen.
Dürfen Versicherungsmakler und Vermögensberater dann keine Kunden mehr betreuen, zu denen sie eine private oder berufliche Beziehung haben? Müssen Versicherungsmakler und Vermögensberater dann Familienmitglieder und enge Freunde an einen Kollegen bzw. Mitbewerber verweisen? Im Sinne dieser Bestimmung ja. Familien und enge Freunde dürfen nicht mehr selbst betreut werden.
Bargeldobergrenze im Geschäftsverkehr
In Artikel 59 (von 65) kommt die Verordnung schließlich zur Bargeldobergrenze im Geschäftsverkehr von 10.000 Euro dem entsprechenden Gegenwert in einer nationalen oder einer Fremdwährung. Ausgenommen von dieser Bargeldobergrenzen sind lediglich:
- a) Zahlungen zwischen natürlichen Personen, die nicht in ihrer beruflichen Funktion handeln, und
- b) Zahlungen oder Einlagen, die in den Räumlichkeiten von Kreditinstituten vorgenommen werden.
Im Falle von b) soll das Kreditinstitut die über die Obergrenze hinausgehende Zahlung oder Einlage – unabhängig davon, ob der Vorgang plausibel bzw. verdächtig ist – an die zentrale Meldestelle melden. Was wird die Geldwäschemeldestelle, die in Österreich mit gerade einmal dreizehn MitarbeitInnen auskommen muss, mit diesen wohl hunderten oder gar tausenden Meldungen vollkommen legaler Transaktionen pro Tag anfangen? Das müssen wir die Damen und Herren in Brüssel fragen.