Transparenz ist wertvoll und wichtig. Schließlich wollen und sollen wir Konsumenten wissen wofür wir unser Geld ausgeben, wo wir investieren und was mit unseren Daten passiert. Die EU verpflichtet Unternehmen daher uns umfangreich zu informieren. Aber: kann der durchschnittliche Käufer, Anleger und User die Flut an Informationen noch erfassen? Oder leben wir bereits im „Informations-Overkill“?
Selbstverständlich sollen Konsumenten darüber im Bilde sein, welche Waren und Dienstleistungen sie zu welchen Bedingungen und mit welchen Konsequenzen kaufen und nutzen. Von der Liste der Allergene im Restaurant über seitenlange Geschäftsbedingungen beim Kauf im Internet und Urlaub buchen bis hin zu Risikohinweisen von Anlageprodukten und Datenschutzerklärungen reicht die schier endlose Flut an Informationen. Und das sind nur ein paar Beispiele von vielen.
Das Kleingedruckte ist heute ganz groß
Früher einmal standen im Handel die angebotenen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund. Das sprichwörtliche Kleingedruckte informierte auch schon damals über die Details. Gelesen hat es, seien wir ehrlich, kaum jemand. Trotzdem waren die allermeisten Waren und Dienstleistungen tadellos in Ordnung. Zu Schaden kamen wahrscheinlich früher auch nicht mehr oder weniger Konsumenten als heute. Und selbst wenn, dann genießen unbedarfte Konsumenten schon lange gesetzlichen Schutz bis hin zur Gewährleistung.
Heute hingegen muss das Kleingedruckte ganz groß im Vordergrund stehen. Die Allergen-Liste im Wirtshaus ums Eck genauso wie der schriftliche Verzicht auf das Rücktrittsrecht vor dringenden Reparaturen, die Risikohinweise von Anlageprodukten und die Datenschutzerklärung vor dem Besuch einer Internetseite. Oft reicht es nicht die Information nur zur Verfügung zu stellen, Konsumenten müssen mit Unterschrift bestätigen, dass sie alles erhalten, gelesen und auch verstanden haben.
Erfüllt zu viel Information ihren Zweck?
Unbestritten ist, dass Konsumenten durch das transparente Offenlegen eigenständige und wohl überlegte Kaufentscheidungen treffen können. Wenn sie sich die Zeit nehmen die vielen Informationen zu lesen – und zu verstehen. Angesichts der horrenden Sanktionen, von denen Unternehmen bei Versäumnissen bedroht sind, lassen sie sich die Texte von Juristen schreiben. Nur ja keinen Fehler machen, lautet die verständliche Devise. Da mutet es fast als Chuzpe an, dass die Informationen „in einfacher und leicht verständlicher Sprache“ verfasst werden müssen. Wie soll das angesichts der ausufernden Informationspflichten noch möglich sein?
Immer mehr zum Problem wird für Konsumenten im Alltag, dass viele gesetzgebende Fachbereiche unabhängig voneinander umfassende Informationspflichten erfinden. Gesundheitsexperten, Verbraucherschützer, Anlegerschützer, Datenschützer, Juristen und viele mehr wollen, dass Konsumenten detailliert informiert werden. In Summe das führt das dann zum Informations-Overkill.
Nur ein Beispiel: Sechzehn Seiten Risikohinweise, acht Seiten AGBs oder Kaufvertrag plus sechs Seiten Datenschutzerklärung – und schon liegen dreißig (!) Seiten Papier vor dem Kunden, der 100 Euro monatlich in einen Investmentfonds sparen möchte. Kein Wunder, dass Kunden zurückschrecken und lieber auf das Investment verzichten.
Die vielen Informationen erzeugen im Kunden Unsicherheit und inneren Widerstand, die – und das merken nicht nur Finanzdienstleister zunehmend – geschäftsschädigend sind. Selbst beste Verkäufer und Berater sind nicht mehr in der Lage, dem Kunden Sinn und Zweck der „Zettelwirtschaft“ begreiflich zu machen. Nachvollziehbare Reaktion vielen Kunden: „Gibt halt her, die Zetteln, wenn´s sein muss, ich lese das viele Papier eh nicht“.
Ist zu viel auch besser?
Nein. Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Das sehen wir auch an den neuen Datenschutz-Vorschriften. Hilfreicher als seitenlange Infotexte sind für Konsumentinnen und Konsumenten sicherlich Eigenverantwortung und gesunder Menschenverstand. Aber die zu fördern, darauf ist noch kein Gesetzgeber gekommen.
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