In der Finanzindustrie rumort es. Zahlreiche neue Vorschriften sind vor Kurzem in Kraft getreten oder stehen in den Startlöchern. Wahrscheinlich haben Anlegerinnen und Anleger davon noch gar nichts mitbekommen. Aber das Umsetzen der strengen Gesetze lässt bei Finanzdienstleistern die Köpfe rauchen. Und strapaziert deren Budgets. Denn was die Europäische Union alles fordert, ist in der Praxis aufwendig und teuer.
Papier ist bekanntlich geduldig. Am Schreibtisch sind neue Gesetze schnell geschrieben. Fern des Alltags denken sich Beamte in Brüssel neue Regeln aus, die dann von praxisfernen EU-Abgeordneten beschlossen werden. Dass deren Umsetzung in die Praxis zu massiven Problemen führt, hat der europäische Gesetzgeber schon mitbekommen. Mehr als einmal musste die Anwendung eines Gesetzes schon verschoben werden. Theorie und Praxis sind nun einmal zwei verschiedene Paar Schuhe.
Die große Überschrift über all den vielen neuen Gesetzen lautet Anlegerschutz und Transparenz. Darauf haben Anlegerinnen und Anleger selbstverständlich ein Anrecht. Natürlich ist wirksamer Anlegerschutz wichtig und darf daher auch etwas kosten. Aber wessen Geld darf er kosten? Auch das der Kunden? Sind Anleger tatsächlich bereit für Ihren Schutz zu bezahlen?
Anlegerschutz ist nicht gratis
Über kurz oder lang werden Konsumenten für das hohe Maß an Transparenz und Anlegerschutz zur Kasse gebeten werden. Denn das Einhalten der vielen neuen Gesetze kostet Banken, Versicherungen und Wertpapierunternehmen enorm viel Geld. Personalkosten, die insbesondere in den Rechts- und Compliance-Abteilungen anfallen, Kosten für komplexe IT-Systeme und Kosten für laufende Schulungen der Mitarbeiter. Kosten, die zwar auch schon heute anfallen, aber angesichts der umfangreichen neuen Pflichten geradezu explodieren.
Noch haben Anleger bei Ihren Geldgeschäften davon vermutlich wenig bemerkt. Das eine oder andere Formular wurde geändert, ist dazu gekommen oder dicker geworden. Früher haben Kunden zum Beispiel beim Kauf eines Wertpapiers 40 Seiten Papier vorgelegt bekommen – und meist ungelesen unterschrieben. Zukünftig sind es eben 60 Seiten Papier, die blind unterschrieben werden. So what!? Aber gerade in den diesen 20 Seiten zusätzlichem Papier steckt unglaublich viel Hirnschmalz und teurer Aufwand. Und der will bezahlt werden.
Konsumentenwarnung: Alles wird teurer
Wer jetzt denkt das alles betreffe sie oder ihn nicht, weil außer dem Sparbuch eh keine Geldanlage getätigt wird und schadenfroh lächelt, weil sich Finanzdienstleister diese Suppe selbst eingebrockt haben, täuscht sich. Die von der EU ersonnenen Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bescheren zahlreichen Branchen, beispielsweise Rechtsanwälte, Steuerberater sowie Handel und Gewerbe, schon heute großen organisatorischen Aufwand. Und spätestens mit der im Mai 2018 kommenden Datenschutz-Grundverordnung, kurz DSGVO, der EU weitet sich das Problem der teuren, bürokratischen Maßnahmen im Sinne von Transparenz und Konsumentenschutz auf alle Unternehmen aus. Von der DSGVO sind von A wie Autohandel über P wie Pizza-Lieferservice bis Z wie Zahnarzt wirklich alle betroffen.
Nicht zu vergessen: Das Einhalten all dieser neuen Vorschriften muss auch überwacht werden. Finanzmarktaufsicht, Gewerbeaufsicht, Datenschutzbehörde, und viele mehr müssen dazu ihr Personal aufstocken und schulen.
Wer zahlt die teuren Ideen der EU?
Letztendlich werden wir Konsumenten die Rechnung bezahlen. Anleger ebenso wie Klienten von Steuerberatern und Patienten von Zahnärzten und Kunden von Autohändlern. Anleger- und Konsumentenschutz wie von der EU gefordert kostet eben Geld. Hoffen wir, dass es gut investiert ist.